Immer wieder stellt sich mir die Frage: warum tue ich mir das an? Es ist kalt, es ist quasi immer dunkel, es ist nass und meistens absolviere ich das Training allein und muss somit den Schweinehund allein besiegen. Am 02.01. hieß es “Start frei” und los ging es mit dem 16-wöchigen Marathontraining, wobei die ersten vier Wochen Training darin bestanden, erstmal Strecken zu finden und auf ihre Länge und Dunkelheitstauglichkeit zu testen. Sonntags, so viel stand fest, steht immer ein Long-Run auf dem Programm, was dann schon wieder schwierig wird, wenn ein Hockeyspieltag auf einen ebensolchen Sonntag fällt. Nunja, da werden eben beide Spiele durchgespielt und schon ist es ähnlich anstrengend und kraftraubend. Alle anderen Sonntage waren geprägt von Eis, Schnee, klirrender Kälte und häufig auch dem nicht minder kalten nordischen Wind – alles in allem genug Gründe um eigentlich auf der geliebten Couch zu bleiben. Aber das sind alles keine Ausreden, denn in der Marathonvorbereitung gibt es diese nämlich nicht. Was in solchen Fällen hilft, sind Motivationsunterstützer. In meinem Fall waren das neue Laufschuhe, zwei Paar Kompressionshosen, ein Sporttop und neue Sportnahrung.
Da der unbändige Ehrgeiz ein steter Begleiter in meinem Leben ist und ich meine bestehende Marathonzeit pulverisieren möchte, nehme ich es aber wohl oder übel in Kauf bei –10 Grad meine Runden zu drehen und mir aufgrund dessen Herpes einzufangen, laufe mittwochs nach der Arbeit und seit neuem auch noch dienstags vorher, trainiere zusätzlich zwei Mal pro Woche Hockey und hab mit dem Freitag meinen einzigen freien Tag in der Woche, der mehr und mehr zum Heiligtum wird.
Seit letzter Woche trainiere ich nun nach einem auf mich zugeschnittenen Plan, welchen ich als Motivator an den Kühlschrank geklebt habe und mich jeden Tag darüber freue ein Häkchen setzen zu können. Großartig! Fazit nach der ersten Woche: 45 km laufen und zwei Mal Hockeytraining. Ich fühle mich gut dabei, doch habe ich eins wirklich unterschätzt: sich parallel zu einem Vollzeitjob auf dieses Spektakel vorzubereiten. Der Zeitplan ist eng, man ist wenig zu Hause und kommt aus dem Sportwäschewaschen fast nicht mehr raus.
Weitere nicht so schöne Begleiterscheinungen sind die bereits oben erwähnte Dunkelheit sowohl morgens als auch abends, man bekommt Druckstellen von der Stirnlampe und man ist aufgrund des zahlreichen zusätzlichen Equipments wie Warnweste, Lichtschuhclips, Leuchtarmbänder, Handschuhe und Mütze nicht mal eben in 3 min in die Sportklamotten gesprungen und läuft einfach los. Das ist im Sommer doch schon einfacher, doch auch das sind keine Ausreden es nicht zu tun. Also geht es weiter. Noch 11 Wochen bis zum Marathon, noch 8 Wochen bis zum Halben in Berlin und noch 9 bis zum Halben in Cuxhaven. Es ist aufregend, anstrengend, zermürbend, kraftraubend und doch auch so unglaublich cool, weil es den Willen trainiert und man dem eigenen Schweinehund überheblich den Mittelfinger zeigen darf.
Wenn man sich auf einen Frühjahrsmarathon vorbereitet, bereitet man sich zwar körperlich genauso vor wie auf einen Herbstmarathon, doch für den Kopf tut man um Längen mehr. Bei schönem, warmen Wetter im Sommer laufen kann ja jeder…
Aber auch hier im Norden kommt im Winter mal die Sonne raus und wenn es soweit ist und ich die Möglichkeit habe, bin ich die Erste, die die Laufschuhe schnürt und losläuft. Entlang der Hunte sind solche Sonnentage besonders schön, da geraten all die kalten, eisigen und windigen Tage in Vergessenheit, obwohl die momentan noch so sehr in der Überzahl sind. Doch das wird sich ändern und dann ist der Kopf stark genug für die blaue Linie in Hamburg.